Dienstag, 3. November 2015

Der Professor


Wir saßen auf Kindergartenstühlen, bekamen von der Erzieherin erklärt, wie es war, das Programm für die Kinder die nächstes Jahr in die Schule kämen. Auf den kleinen Stühlen der Kinder sitzend. Alle etwas gebückt. Und so erzählte sie vom Lauschen, vom Aufgaben erfüllen, vom Krippenspiel einstudieren für Weihnachten. Zweimal die Woche eine halbe Stunde für die ältesten Kinder hier in der Einrichtung. Wir konnten es kaum glauben, es war schon so weit. Sie kamen bald in die Schule. 
Er hatte sich in Stellung gebracht. In seinem Beitrag zum Lampenfieber vor dem Krippenspiel hatte er klar gemacht, warum er wüsste was es heiße und dass er es auch an der Hochschule seinen Studenten immer sagen würde. Es sei wichtig, dieses Lampenfieber. Es sei normal. Es sei zu haben. Es nicht zu haben, das gäbe es nicht, das wäre gelogen und auch nicht gut.
Wir weiterhin klein auf unseren kleinen Stühlen sollten, so die Erzieherin, bitte mitnehmen: Das wichtigste sei für die Kinder Geborgenheit, Sicherheit, Liebe. 
„Was ist eigentlich mit dem Englisch“ meinte nun der Herr Professor. 
Das Englisch sei, so die Erzieherin, für solch kleine Kinder ihrer Meinung nach nicht sinnvoll. Man hatte es angeboten, weil Eltern es gewünscht hatten. Man hatte es wieder abgeschafft weil eine Stunde Englisch die Woche im Kindergarten kein sinnvoller Inhalt auf dem Weg zum zufriedenen Menschen wäre. 
Damit sei er nicht einverstanden, blökte der Herr Professor. Das wäre jedoch nicht so schlimm, es wäre sowieso ganz große Schrott gewesen, dieses Englisch das man hier angeboten hätte. Vielleicht, die ruhige Erzieherin weiter, sei für unsere Kinder Englisch später nicht mehr wichtig, vielleicht eher Chinesisch, oder Russisch. Also warum die Kinder voll pumpen mit Inhalten die sie in dem Alter nur von dem abbringen was sie tatsächlich tun sollten: Spielen. Bei sich sein. Unter sich sein.
Nein, er sei da ganz anderer Meinung, wieder der Herr Professor. Die Kinder müssen doch in der Welt bestehen, man müsse ihnen möglichst viel möglichst früh mitgeben. Aus ihnen müsse doch „etwas werden“. 
"Ja, etwas“ dachte ich. Doch ich sagte nichts. Mir fehlte der Mut auf meinem kleinen Stuhl auf dem  der Herr Professor mir gegenüber saß. Ich bin wohl „etwas“ geworden, dachte ich.

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